Das Land Brandenburg plant den Aufbau einer Universitätsmedizin in Cottbus. Dazu hat eine hochkarätige zehnköpfige Expertenkommission Empfehlungen erarbeitet, die heute von Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle im Kabinett vorgestellt wurden. Das Projekt ist Bestandteil des Bundesgesetzes zur Strukturstärkung der vier Kohleregionen in Deutschland. Die Kommission wird von Prof. Dr. Karl Max Einhäupl geleitet, der die Empfehlungen auf einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei im Beisein von Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke und Ministerin Dr. Manja Schüle vorstellte.
Neben moderner Industrie und innovativer Wirtschaft werden Wissenschaft und Forschung zukünftig die wesentlichen Treiber der Strukturentwicklung und Wachstumsmotor in der Lausitz sein. Das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC), das als Kern der Modellregion Gesundheit Lausitz aufgebaut werden soll, ist hierbei ein Schlüsselprojekt.
Das IUC besteht aus der Universitätsmedizin Cottbus sowie einem digital unterstützten Netzwerk von Akteuren der Gesundheitsversorgung in der Modellregion Gesundheit Lausitz. Die Expertenkommission empfiehlt, an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU_CS) eine Medizinische Fakultät zu gründen und das kommunale Carl-Thiem-Klinikum Cottbus (CTK) zu einem Universitätsklinikum in Landesträgerschaft sowie zu einem „Digitalen Leitkrankenhaus“ auszubauen.
Ministerpräsident Woidke: „Der Aufbau einer staatlichen Universitätsmedizin in Cottbus ist – neben dem Bahnwerk – das ambitionierteste Projekt für die Lausitz im Rahmen des Kohleausstiegs. Mit den Empfehlungen der Kommission ist ein wichtiger und guter Anfang gemacht. Ich bedanke mich bei Professor Einhäupl und bei allen Mitgliedern der Kommission für ihr Engagement für die Lausitz und das Land Brandenburg. Ich freue mich, dass die Kommission bereit ist, das Projekt weiter zu begleiten. Das IUC soll Strahlkraft weit über die Lausitz und die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg hinaus entfalten. Es ist eines der größten und anspruchsvollsten Projekte der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. Wir schaffen damit Arbeitsplätze, sichern die wohnortnahe medizinische Versorgung und bilden Medizinerinnen und Mediziner sowie weitere medizinnahe Fachkräfte für das Gesundheitssystem von Morgen aus. Die Arbeit zur Umsetzung des Projektes ist nicht zu Ende, sondern beginnt jetzt. Das wird für alle beteiligten Partner sehr herausfordernd und anstrengend sein, und wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“
Wissenschaftsministerin Schüle: „Das Gesundheitssystem steht vor vielfältigen Herausforderungen. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie eine qualitativ hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung auch in Zukunft sichergestellt werden kann. Das Konzept der Expertenkommission zum Aufbau eines Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus gibt auf diese Zukunftsfrage eine innovative Antwort.
Mit seinen geplanten Schwerpunkten Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung des Gesundheitswesens ist das IUC ideal dafür geeignet, gänzlich neue Versorgungsmodelle zu entwickeln, unter wissenschaftlicher Begleitung in der Modellregion Gesundheit Lausitz zu erproben und daraus Best-Practice-Modelle für das ganze Land zu entwickeln. Unser Ziel ist es, das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus zu einem überregionalen Kompetenzzentrum der Gesundheitssystementwicklung auszubauen.
Brandenburg hat jetzt die bundesweit einmalige Chance, eine Universitätsmedizin aufzubauen, die die Herausforderungen im Gesundheitswesen aufgreift und sich als Anlaufstelle für Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Interessierte aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft etabliert.“
Prof. Dr. Einhäupl: „Das IUC wird mit seinen innovativen Profilmerkmalen eine Lücke in der medizinischen Forschung in Deutschland schließen: Gesundheitssystemforschung wird in ihrer disziplinären Vielfalt abgebildet und in die Medizinische Fakultät des IUC integriert. In Verbindung mit dem zweiten Schwerpunkt – Digitalisierung des Gesundheitswesens – wird das IUC zu einem national und international sichtbaren Leuchtturm für innovative Versorgungskonzepte.“ Einhäupl war Vorstandsvorsitzender der Charité-Universitätsmedizin Berlin und Vorsitzender des Wissenschaftsrates.
Die Expertenkommission empfiehlt, das wissenschaftliche Profil des IUC an den beiden sich ergänzenden interdisziplinären Forschungsschwerpunkten „Gesundheitssystemforschung“ und „Digitalisierung des Gesundheitswesens“ auszurichten. An diesen Forschungsschwerpunkten soll sich auch das Medizinstudium orientieren und zudem einen starken Fokus auf eine interprofessionelle Ausbildung legen.
Die Schnittstelle zwischen Universitätsklinikum, Medizinischer Fakultät, BTU_CS und der Region Lausitz bildet ein Kompetenzzentrum Gesundheitssystementwicklung. Sämtliche Forschungsvorhaben des IUC mit einem Bezug zur Gesundheitssystemforschung sollen an diesem Zentrum konzentriert und koordiniert werden.
Die Expertenkommission geht bis zum Erreichen des Vollausbaus 2035 von einem Personalaufwuchs von insgesamt rund 1.600 Beschäftigten aus. Der zusätzliche Flächenbedarf wird mit etwa 29.000 Quadratmetern angegeben. Die erforderlichen Bauten sollten so nah wie möglich am CTK errichtet werden.
Bei Umsetzung der Empfehlungen geht die Expertenkommission von einem geschätzten Finanzbedarf für Forschung, Lehre und Digitalisierung von etwa 1,9 Mrd. Euro (Investitions- und Betriebskosten) bis 2038 aus.
Das IUC soll in mehreren Stufen aufgebaut werden. Die konkrete Konzeptionierung der Umsetzungsschritte erfolgt in themenbezogenen Arbeitsgruppen. Es wird ein/eine Projektbeauftragte(r) eingesetzt, um die Arbeitsbereiche fachlich zu koordinieren. Bis Ende 2022 soll das Konzept weiter konkretisiert werden und dann dem Wissenschaftsrat zur Evaluierung vorgelegt werden. Die Expertenkommission begleitet diesen Prozess weiterhin.
Parallel erfolgen mit dem Bund Abstimmungen und Verhandlungen zur Finanzierung. Das Expertengremium erachtet das Wintersemester 2026/27 als möglichen Starttermin für die ersten Studierenden in Cottbus.
Mit der Verankerung des ‘Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus‘ im Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen wurden im Sommer 2020 die Voraussetzungen für eine finanzielle Unterstützung des Bundes geschaffen. Nach Artikel 91b des Grundgesetzes können Bund und Länder „in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenwirken“. Vereinbarungen, die den Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Zuvor wird der Wissenschaftsrat das Konzept begutachten.
Hinweise:
Ø Zitate der Mitglieder der Expertenkommission
Ø Die Empfehlungen der Expertenkommission können heruntergeladen werden unter: Empfehlungen der Expertenkommission (PDF)
Die zahlreichen inhaltlichen Überschneidungen zwischen den Empfehlungen der Expertenkommission zum IUC und den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zeigen, dass das vorgeschlagene Profil des IUC einen Bedarf abdeckt. Siehe dazu:
Ø Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur künftigen Rolle der Universitätsmedizin zwischen Wissenschafts- und Gesundheitssystem (Drs. 9192-21), Köln Juli 2021 (PDF)
Ø Pressemitteilung des Wissenschaftsrats vom 12.07.2021: An der Schnittstelle von Wissenschafts- und Gesundheitssystem | Großes Potenzial der Universitätsmedizin besser nutzen